Le Bal – Der Tanzpalast

Donnerstag, 14.11.1985 19:00  ! Audimax
19:00 Le Bal – Der Tanzpalast

Programmheft WS 85/86:

"Le Bal" zeichnet in einem Tanzpalast die Zeit von 1936 bis 1983 nach und porträtiert die Menschen, wie sie leben - in den Momenten und Stunden, in denen sie, einzeln, allein, zum Tanz kommen, an einen Ort, wo sie glauben, etwas zu finden, was das Alltägliche in ein anderes Licht rückt. Und sie finden es - für kurze Zeit, für länger, wenn nicht heute, dann beim nächsten Mal.

1936 - die Zeit der Volksfront, der "Fraternite", Musette und Java, Paso Doble, Tango, Walzer. Arbeiter, ein Abenteuer-Ganove wie Jean Gabin in "Pepe le Moko". Ein vornehmes Paar, das einen besonderen Reiz darin sieht, sich mit diesem Milieu gemein zu machen, Danielle Darrieuc und Victor Francen, ein rechtsextremistischer "Croix-du-feu", der die Tanzenden zum Wiederstand durch stampfende Schritte motiviert.

1940 - Krieg, Bombenangriff, Sirenen, "Lili Marleen".

1942 - Okkupation, die Verlobte eines Wiederstandskämpfers, eine Flüchtlingsfrau ohne Familie, der Kollaborateur, der arrogante Nazi, dem jede Frau den Tanz verweigert.

1944 - die Befreiung, der Eisenbahner Gabin, der Bauer, der Untergrundkämpfer und seine Frau - er hat ein Bein verloren und tanzt verzweifelt-glücklich mit ihr die Java.

1945 - die Amerikanisierung, "In the mood", die erste Coca-Cola, die der Barmann angewiedert ausspuckt, der Maurer-Gabin als "Le jour se leve", der romantische Blonde a la Jean Marais und die romantische Blonde a la Madeleine Sologne oder Veronika Lake - und ein furioses Tanzpaar a la Fred Astaire und Ginger Rogers.

1956 - der Algerienkrieg, Rock'n Roll, schwarze Lederjacken, eine bürgerliche Familie mit Sohn und Tochter, ein ehemaliger Indochina-Kämpfer und ein algerischer Arbeiter, ein Polizeikommissar Maigret-Gabin.

1968 - Mai, Internationale und Marseillaise in der Version von Django Reinhardt und Stephane Grapelli, Studenten, die Beatles mit "Michelle".

1983 - Ball gestern, heute und morgen. Jung und alt, romantisch, einsam komisch, voller Illusionen, Hoffnung, Trauer, Sehnsucht, Lebenslust. Die Tanzveranstaltung geht zu Ende. Das Lokal schließt. Die Menschen gehen - allein, auf den nächsten Ball hoffend, eine Dame mit einer Visitenkarte in der Hand. Die Stühle werden hochgestellt. The party is over, das Leben geht weiter.