Little Big Man

Dienstag, 6.1.1981 21:00 Helia
21:00 Little Big Man

Seminarbegleitheft WS 1980/1981:

“Vor 111 Jahren, als ich zehn Jahre alt war...". So beginnt der Bericht von Little Big Man, dargestellt von Dustin Hoffman. Dann erzählt der Film in einer Rückblende die ungewöhnliche Geschichte dieses Mannes.
 
Bei einen Indianerüberfall gibt es nur zwei Überlebende: Jack Crabb und seine Schwester. Während die Schwester flieht, wird Crabb von den Indianern, die sich selbst Menschenwesen nennen, adoptiert. Er wächst dort auf, bis er wieder von Weißen gefangen wird und gelangt so in die Erziehung bei einem Pastor und seiner "nicht sehr religiösen" Frau. Später wird er Gehilfe bei einem Wunderdoktor. Als er seine Schwester wiedertrifft bring sie ihm das Schießen bei. Es folgt eine kurze Karriere als Gunfighter. Crabb wird anschließend Kaufmann und heiratet eine Schwedin. Sein Partner betrügt ihn und die Indianer rauben seine Frau. Auf der Suche nach seiner Frau verdingt er sich als Kundschafter bei General Custer. Als Custers Truppen ein Indianerlager überfallen desertiert er und kehrt zu den Indianern zurück. Er heiratet und wird Vater.
 
Am Washitafluß, einem Gebiet, welches den Indianern von den Weißen überlassen wurde, solange der Himmel blau ist und der Wind weht, treffen sich die Reste der Indianerstämme. Auch dieses Dorf überfällt Custer und metzelt seine Bewohner nieder. Jack Crabb ist einer der wenigen die entkommen, aber er muß seine tote Frau und sein erschlagenes Kind zurücklassen. Um Custer zu töten kehrt Crabb zu den Soldaten zurück, ist aber im entscheidenden Moment nicht fähig Custer zu erschießen. Er wird Säufer, kehrt in die Welt der Weißen zurück und trifft dort die Menschen wieder, die eine Rolle in seinem Leben als Weißer gespielt haben. Sie alle sind heruntergekommen. Dann zieht er sich als Einsiedler zurück. Er trifft erneut auf Custer und zieht mit zum Little Big Horn. Auch hier bleibt Jack Crabb als einziger am Leben. Der Welt der Weißen überdrüssig geht er zu den Indianern zurück...
 
"Little Big Man" ist ein Episodenfilm. Jack Crabb durchläuft durchläuft in seinem Leben alle Station der Westerngeschichte.
 
Die Western-Mythen werden haargenau analysiert, kopiert und dann demontiert. Aber Little Big Mann ist keine Parodie, die nur auf ein paar Lacher aus ist. Vielmehr erweckt er immer wieder im Betrachter den Wunsch sich mit dem Protagonisten zu identifizieren, aber dieser Wunsch wird immer wieder in Frage gestellt, wie auch dem Zuschauer oft das Lachen im Halse stecken bleibt. Die Musik trägt dazu auch bei. Bei den Sequenzen mit den Indianern wird oft ein Blues-Motiv verwendet. Er unterstreicht die wissende Lebensweisheit und Philosophie der Indianer.
 
Menschlichkeit, ein Attribut das sich die Weißen schon immer gern verliehen und reserviert haben, kann man in diesem Film nur den Menschenwesen, den Indianern, zubilligen. Bei den Weißen wird dieses Attribut zur Farce. Deutlich wird dies besonders in der Filmsequenz am Washitafluß. Hervorgehoben, werden diese Bilder und Eindrücke durch die Musik, eine heitere, aber sehr eindringliche Flötenmelodie. Bei dieser Musik sieht der Zuschauer wie die Weißen die wehrlosen Indianer niedermetzeln. Es wird jedoch darauf verzichtet direkte Gewalt zu zeigen, man sieht hier nur die Auswirkungen dieser Gewalt.
 
Trotzdem halte ich diese Szene für genauso wirkungsvoll, was den Schock beim Zuschauer betrifft, wie die vergleichbare Filmsequenz in "Soldier Blue" (Das Wiegenlied vom Totschlag ). Was in der Filmkritik in diesem Heft über den Zusammenhang des Films mit dem Vietnamkrieg bei"Soldier Blue"gesagt wird, gilt im gleichen Maße für "Little Big Man".