Dr. Mabuse, der Spieler

Mittwoch, 19.7.1967 21:00  ! Köhlersaal
21:00 Dr. Mabuse, der Spieler

Programmheft SoSe 1967:

Im durcheinandergewirbelten Berlin der Nachkriegsjahre versucht Dr. Mabuse, mit allen Mitteln seine Macht zu begründen. Er spielt falsch, er fälscht Geld, durch Diebstahl wichtiger Dokumente verursacht er an der Börse Hausse und Baisse nach seinem Willen, alles unter Ausnutzung seiner hypnotischen Kräfte. Staatsanwalt Dr. Wenk, der ein Sonderdezernat zur Bekämpfung der Spielleidenschaft leitet, kommt dem dämonischen Verbrecher auf die Spur. Aber trotz aller Anstrengungen kann er Mabuse, einen Meister der Maske.
nicht überführen, geschweige denn verhaften. in einem Spielsalon lernt Wenk die Gräfin Told kennen, die Frau eines degenerierten Adligen, die er zur Mitarbeit überreden kann. Aber auch dem Verbrecher Mabuse hat es die schöne Gräfin angetan. Am Schluß des Films steht Mabuse auf der Höhe seiner Macht; kein Vertreter der Gesellschaft, die er bekämpft, kann ihn überwinden.

Nicht der Handlungsausgang ist entscheidend für den Erfolg dieses Werkes, das in seiner mitreißenden Wildheit die geschlossene Form des Dramas sprengt, sondern die Episode, nicht das Geschehen in seiner Totalität, sondern Einzelgeschehnisse als lebendigster Ausdruck der Zeit, zusammengehalten durch zielbewußten künstlerischen Gestaltungswillen, durch Rhythmus und Tempo, durch Stil und Stimmung.
Zusammenballung von Tanz und Verbrechen, von Spielwut und Kokainseuche‚ von Jazzband und Razzia. Kein wesentliches Symptom der Nachkriegsjahre fehlt. Börsenmanöver okkultistischer Schwindel, Straßenhandel und Prasserei‚ Schmuggel, Hypnose und Falschmünzerei, Expressionismus und Mord und Totschlag.

Es war eine glückliche Idee, die Gestalten dieses Films nicht mit individuellen Zügen auszustatten, sondern sie als typische Vertreter einer gewissen Schicht aus dem Leben unserer Zeit zu kennzeichnen . . .

Aber nicht nur die Menschen sind typischer Ausdruck unserer Tage, sondern auch ihre Lebensformen, die Umwelt, in der sie auftauchen. So gewinnt das Szenische des Films, die Architektur ... erhöhte Bedeutung: die expressionistischen Räume des gräflichen Kunstmaiers Told, die bizarre Ausstattung eines ebenso mondänen wie heimlichen Spielklubs, die nüchterne Amtsstube des Staatsanwaltes, Kaschemmenviertel und Luxushotels.
Die Technik des Kurbelapparates (die glänzende Photografie Karl Hoffmanns) feierte Triumphe in diesem Film. Zum ersten Male hat das Problem erleuchteter nächtlicher Straßen seine Lösung gefunden. Alles in allem eine glückliche Vereinigung von Kunst und Kino, von Kultur und Technik.

nach BZ am Mittag v. 28. 4. 1922