Der Kaiser und die Nachtigall

Mittwoch, 3.2.1960 20:30  ! Köhlersaal
20:30 Der Kaiser und die Nachtigall

Programmheft WS 1959/1960:

Ein Farbfilm des Prager Puppenfilmstudios des Tschechoslowakischenen Staatsfilms nach Hans Christian Andersens Märchen vom melancholischen Kaiser von China und der lebenden Nachtigall, die über die mechanische Nachtigall siegt und dem Kaiser eine neue Welt außerhalb des „goldenen Käfigs” erschließt.

Trnka laßt einen fieberkranken Knaben das Märchen träumen, stellt dichterisch die Einsamkeit des einzigen Kindes der Einsamkeit des östlichen Herrschers gegenüber und erzielt den Eindruck eigenartiger und rührender Poesie. „Die künstlerische Einfühlungsgabe des Regisseurs in den exotischen Prunk des chinesischen Kaiserhofes und das Spiel der devoten Hofpuppen ergaben, in ironischen Kontrast gesetzt zu den mechanischen Spielzeugen des einsamen Kaisers, fern aller naturalistischen Abbildungen und kulissenhaften Nachahmungen des alten China, durch die Farbe als Stimmungselement und durch geschmeidige Kamerabewegungen ein echtes eigenständiges Film-Puppenspiel von hohem poetischen Reiz. Die Art, in der Trnka das stilisierte Spiel der Puppen und die Charakterisierung des exotischen Milieus aufeinander abstimmte, widerlegt die Ansicht vieler Filmtheoretiker‚ die von einer zu eng begrenzten filmkünstlerischen Entfaltung des Puppenfilms sprechen. Ohne Dialoge hat Trnka diesen Puppenfilm gestaltet, keine Sprechbewegungen verfälschen den traumhaften Zauber dieses von der Welt abgeschlossenen Glashauses hinter der chinesischen Mauer.” (W. Wehling) Über alles trickhafte der Bewegungen ist das Spiel der Puppen hinaufgehoben in die künstlerische Welt der Natürlichkeit einer vollkommenen Grazie. Die Puppen leben nicht allein durch ihre Bewegungen, sondern durch die Nuance ihrer Gebärden und den Ausdruck ihrer Mienen. Die Artistik der Beleuchtung gibt den Gesichtern und Körpern Ausdruckstiefe und -wandel.

„Es ist schwer, ohne übertrieben wirkende Superlative die Leistung Trnkas zu würdigen”, schrieb die „Süddeutsche Zeitung” über diesen Film. „Trnka ist es gelungen, die Seele des Märchens dem Film einzuhauchen.”

Vorfilm: La route des epices (Die Gewürzstraßen)